Die umweltpolitische Digitalagenda des Bundesumweltministeriums (März 2020) bringt zwei Megatrends des 21. Jahrhunderts zusammen: den Schutz von Umwelt und Klima sowie die Digitalisierung. Eine der 70 konkreten Maßnahmen dieser Agenda ist der digitale Produktpass. Er soll als wesentlicher Treiber die Circular Economy voranbringen. In zahlreichen politischen Strategien der EU ist dieser Passport inzwischen fest vorgesehen.
Dr. Holger Berg, Co-Head Research Unit Digital Transformation, Abteilung Kreislaufwirtschaft - Digitale Transformation vom Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie gGmbH erläutert, was damit konkret gemeint ist und was diese Entwicklung für Unternehmen bedeutet.
Der digitale Produktpass entspricht einem digitalen Zwilling und ist ein Datensatz, der Informationen zu den Komponenten, Materialien und chemischen Substanzen, aber auch zu Reparierbarkeit, Ersatzteilen oder fachgerechter Entsorgung für ein Produkt zusammenfasst. Die Daten stammen aus allen Phasen des Produktlebenszyklus und können in all diesen Phasen für verschiedene Zwecke genutzt werden (Design, Herstellung, Nutzung, Entsorgung).
Die Strukturierung umweltrelevanter Daten in einem standardisierten, vergleichbaren Format ermöglicht allen Akteuren in der Wertschöpfungs- und Lieferkette, gemeinsam auf eine Kreislaufwirtschaft hinzuarbeiten. Der digitale Produktpass ist zugleich eine wichtige Grundlage für verlässliche Konsumenteninformationen und nachhaltige Konsumentscheidungen im stationären wie auch im Online-Handel. Der Pass eignet sich für sämtliche Produkte und Dienstleistungen sowie Lebensmittel, wobei der Schwerpunkt zunächst auf besonders ressourcen- und energieintensiven Gütern liegen sollte.
Politische Treiber seitens der EU sind vor allem:
Ökonomische Treiber sind insbesondere:
Eine Vielzahl von Branchen wird sich mit dem digitalen Produktpass auseinandersetzen müssen:
Dabei wird die Batteriebranche zu den „Pionieren“ gehören.
By 1 January 2026, each industrial battery and electric vehicle battery placed on the market or pit into service and whose capacity is higher than 2 kWh shall have an electronic record ('battery passport').
Quelle: ec.europa.eu
Kritiker befürchten eine weitere bürokratische Datenkrake, die im Extremfall Unternehmenswissen preisgibt. Befürworter sehen die Chancen, mehr Transparenz bei Materialien und Produkten herzustellen. Was bisher aufgrund mangelnder Informationen entsorgt wurde, könnte zukünftig wirtschaftlich attraktiv in Kreislaufprozessen gehalten werden. Für Unternehmen stellen sich derzeit vor allem die folgenden Fragen:
Auch wenn das Thema derzeit stärker in den Mittelpunkt rückt, ist ein breit anwendbarer digitaler Produktpass erst in der Entstehung. Erste Teilansätze bestehen, die allerdings bislang oftmals nicht durch verpflichtende Standarddatensätze oder zentrale Datenbanken institutionalisiert sind. Auf politischer Ebene werden zurzeit konkrete und umfassende Konzepte entwickelt, wie ein solcher umfassender Produktpass in Zukunft ausgestaltet und implementiert werden soll.
Die Einführung eines digitalen Produktpasses wird kommen und Unternehmen sind gut beraten, sich mit diesem Thema frühzeitig auseinanderzusetzen.
Eine Einführung in das Thema fand am 25.02.2021 statt. Einen Vertiefungsworkshop wird es am 17.11.2021 geben. Referent ist Dr. Holger Berg, Co-Head Research Unit Digital Transformation, Abteilung Kreislaufwirtschaft - Digitale Transformation vom Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie gGmbH.
Eine gemeinsame Veranstaltungsreihe von InnoZent OWL e.V., dem Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie gGmbH, dem Fraunhofer-Institut für Entwurfstechnik Mechatronik IEM, der IHK Lippe zu Detmold und der IHK Ostwestfalen zu Bielefeld im Rahmen von CirQuality OWL.