Die Stadt Bielefeld ist mit über 6.000 Beschäftigten eines der größten Dienstleistungsunternehmen am Ort mit einem breit gefächerten Aufgabenspektrum im Bereich der kommunalen Selbstverwaltung.
Der eigene Gebäudebestand wird bei der Stadt Bielefeld nahezu vollständig vom Immobilienservicebetrieb (ISB) verwaltet. Der ISB bewirtschaftet zentral nahezu alle Verwaltungsgebäude, Schulen, Kindertagesstätten und sonstigen Gebäude und Grundstücke. Weiterhin ist er zuständig für die Errichtung von Gebäuden, den Erwerb und die Veräußerung sowie die An- und Vermietung der genannten Liegenschaften. Zu den Serviceleistungen gehören der Grundstückshandel, die Beratungsleistungen durch technisches Personal, das Flächen- und Umzugsmanagement, das Energiemanagement, die Gebäudereinigung (durch den Einsatz von eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern oder Fremdfirmen), die Gestellung von Hausmeisterdiensten sowie Leistungen der eigenen Werkstatt.
Im Handlungsprogramm Klimaschutz der Stadt Bielefeld wurde beschlossen, bis 2050 den CO2 Ausstoß um 80-95 % zu reduzieren und die Nutzung von erneuerbaren Energien auf 80 % am Endstromverbrauch zu erhöhen. In der Bielefelder Nachhaltigkeitsstrategie ist die Verantwortung der Stadtverwaltung für den Einsatz klimaschonender und ressourcensparender Produkte und Verfahren festgelegt. Insbesondere auch im Bereich der Beschaffung besteht großes Potential für diese Ziele Maßnahmen umzusetzen.
Der ISB organisiert die Reinigung für rund 350 Immobilien der Stadt Bielefeld, 80% der Reinigung wird mit städtischem Personal erbracht, 20 % durch Fremdreinigungsfirmen.
Für die Gebäudereinigung werden in regelmäßigen Abständen die zu verwendenden Reinigungsmittel neu ausgeschrieben. Im Zuge der letzten Neuausschreibung für die Jahre 2018 ff wurde festgelegt, dass die Mittel das EU-Gütesiegel (Eco Label) tragen sollen oder mindestens gleichwertige Qualität nachweisen müssen. Hierdurch sollte möglichst umfassender Umweltschutz bei der städtischen Reinigung erreicht werden, um zum einen die Umweltmedien Wasser und Luft und zum anderen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu schützen.
Für die Fremdreinigung wurde vorgegeben, dass entweder die gleichen oder gleichwertige Produkte verwendet werden müssen. nIm Vorfeld der Vergabe wurden alle angebotenen Reinigungsmittel, die die Kriterien erfüllten, über ein Jahr in unterschiedlichen Anwendungsbereichen von unterschiedlichen Personen getestet. Ziel war es auch mit möglichst wenigen und umweltfreundlichen Mitteln eine gute Reinigungsleistung zu erreichen. Die bisher eingesetzte Anzahl der Reinigungsmittel wurde ebenfalls reduziert.
Nach Auswertung aller Ergebnisse und Informationen wurde der Auftrag an die Firma Tana-Chemie GmbH vergeben - mit grundsätzlich drei Mitteln, die in allen Einrichtungen verwendet werden (Oberflächen- und Glasreiniger, Sanitärreiniger, Tensid freier Allzweckreiniger für Böden). Die Produkte tragen nicht nur das Eco Label, sondern sind auch nach dem Gold Standard von 'cradle to cradle' zertifiziert und die Behältnisse sind mittlerweile bis zu 100 % aus Rezyklat hergestellt. Die Verpackungen werden über den Recyclingprozess des gelben Sacks in den Kreislauf zurückgeführt.
Das Cradle-to-Cradle-Prinzip (von Wiege zu Wiege oder vom Ursprung zum Ursprung) ist Ansatz für eine durchgängige und konsequente Kreislaufwirtschaft. Eine „Cradle-to-cradle-Zertifizierung“ bewertet fünf Kriterien:
- Materialgesundheit
- Kreislauffähigkeit
- (Einsatz) erneuerbarer Energien
- verantwortungsvoller Umgang mit Wasser sowie
- soziale Gerechtigkeit
Um alle 650 Reinigungskräfte mit den neuen Mitteln vertraut zu machen, wurden Schulungen durch den Lieferanten organisiert. Für eine leichtere Handhabung und zur Verhinderung von Überdosierungen der Reinigungskonzentrate wurden 400 automatische Dosieranlagen angeschafft und vom ISB direkt an den Zapfstellen für die Reinigung in den einzelnen Gebäuden installiert.
Die Reinigungskräfte sind nach anfänglicher Skepsis deutlich zufriedener mit diesem Vorgehen, da es die Arbeit erleichtert und die Anlagen auch von Vertretungen ohne umfangreiche Einarbeitung einfach zu bedienen sind. Die Auftragnehmer für Fremdreinigung haben entsprechende Vorgaben von der Stadtverwaltung erhalten und wenden diese an.
Durch den Einsatz der Reinigungschemie der Firma Tana konnten im Zeitraum vom 01.01.2018 bis 31.12.2018
- 2.418 kg Rohöl
- 876 kg Kunststoff und
- 7.594 kg Kohlendioxid
eingespart werden.
Das Konzept wurde in kommunalen Arbeitskreisen vorgestellt und ist auf positive Resonanz gestoßen.
Die konsequente Umstellung auf wenige Reinigungsmittel mit zertifizierten Umweltstandards und die umfassende Schulung der Anwender für den gesamten Gebäudebestand bietet insbesondere für große Kommunen hohes Einsparpotential bei gleichzeitig großem Gewinn für Umwelt- und Klimaschutz. Die Übertragbarkeit auf andere Kommunen ist problemlos möglich, da die Reinigungsqualität nicht verändert wurde.
Durch die veränderten Vergaberichtlinien war die Stadt Bielefeld in der Lage, ihre selbstgesteckten Klimaschutzziele auch praktisch umzusetzen. Hilfreich war auch, dass es bereits Unternehmen gab, die die gewünschten Standards sogar bis zum C2C Level überhaupt anbieten konnten. Mittlerweile hat sich im Markt viel getan und Produkte mit hohen Nachhaltigkeitsstandards bzw. einer C2C Zertifizierung sind verfügbar. Daher wird die Stadt Bielefeld bei weiteren Ausschreibungen auch diese Standards als Grundlage nehmen. Durch die Änderung des Vergaberechts haben Kommunen einen deutlich größeren Spielraum für die Ausschreibung von umweltverträglichen Produkten gewonnen, den sie auch ausschöpfen sollten.
Tana Chemie GmbH: Was haben Gent und Bielefeld gemeinsam? „Die Stadt Bielefeld, Gent und viele andere Kommunen in Europa haben mit ihrer Entscheidung bewiesen, dass Klima- und Umweltschutz auch mit der Auswahl der richtigen Reinigungsmittel anfangen kann. Mit konkreten Ergebnissen. Mit dem Green Care Calculator (https://get.wmprof.com/ ) kann mit dem Einsatz von Green Care Produkten auf das Gramm genau die Ersparnis an Erdöl, Kunststoffen und CO2 anzeigt werden. Nachhaltige Reinigungsmittel von Green Care bedeuten Sicherheit für Anwender und Umwelt bei höchster Leistung. Sie sind frei von toxischen, schädlichen oder gefährlichen Stoffen und tragen zu einer gesünderen Raumluft während und nach der Reinigung bei. Zertifiziert nach den höchsten Umweltstandards und konzipiert mit pflanzlichen Tensiden sind Green Care Produkte frei von Mikroplastik und verpackt in Flaschen aus bis zu 100 % Rezyklat. Seit 30 Jahren nehmen wir eine Pionierrolle in der Entwicklung nachhaltiger Reinigungslösungen ein. Weil wir Verantwortung für die Zukunft unserer Kinder übernehmen. Während andere noch nach Lösungen suchen, zeigen wir was heute schon möglich ist. Egal ob Sie aus Bielefeld, Gent oder einer anderen Stadt kommen – machen Sie mit – reinigen Sie nachhaltig.“
Das Gespräch führten Ralf Sieksmeier (Stadt Bielefeld), Jennifer Heidecker (Werner & Mertz Professional / Tana-Chemie GmbH) und Ulrike Künnemann, InnoZent OWL e.V., März 2021. Ein Best Practice Beispiel im Rahmen von CirQuality OWL.